Archiv für den Monat: Januar 2013

Blutleer

Man neigt ja gerne dazu die Vergangenheit durch die rosarote Brille zu betrachten, frei nach dem Motto „früher war alles besser“. Diese rückwärts gerichtete Denkweise führt selten zu etwas, sie schadet nur der Entwicklung in der Zukunft. Nach der wiederholten desolaten Leistung der Bamberger Basketballer gegen Alba Berlin muss man aber den Blick zurück richten. Wann hat sich zuletzt eine Bamberger Mannschaft so vorführen lassen? Wann haben die Spieler so blutleer, so aktionslos, so ohne Feuer gegen Berlin agiert? Ein einmaliger Ausrutscher wäre noch zu verzeihen, doch schon Mitte Dezember hat man sich bei der Niederlage in Berlin eine blutige Nase geholt. Die Pleite am Donnerstag war eine Kopie des Spiels von vor 6 Wochen.

Für die Gründe muss man weit in das vergange Jahr zurückblicken, bis in den Sommer. Die Misere begann schon bei der Kaderzusammenstellung. Es soll mir doch keiner erzählen, dass es nicht bessere Alternativen als Ford, Gipson und Ogilvy gegeben hätte. Alle drei Spieler haben bis heute auch nicht annähernd das gebracht, was sich alle Anhänger des Bamberger Basketballs von ihnen versprochen haben. Obwohl, ich habe speziell an Ford und Ogilvy keine großen Erwartungen gehabt.

Sharrod Ford ist ein limitierter Basketballer. Er kann einige wenige Dinge gut. Dazu gehören gegnerische Würfe blocken, rebounden und ein halbwegs passabler Wurf aus dem Dreierland. Das war es dann aber auch schon. Er ist kein guter Verteidiger, er beherrrscht kaum Centerbewegungen, hat ein schlechtes „eins gegen eins“ Spiel und fällt zu oft durch undurchdachte Aktionen auf, die auf einen mangelhaften Basketball-IQ schließen lassen. Wie er in Italien zum besten Center gewählt werden konnte, werde ich nie verstehen. Dies sagt wohl mehr einiges über die Qualität der Liga aus, als über seine individuellen Fähigkeiten.

Auch Gipson ist mehr Ballast als eine Hilfe. Wie von mir schon vor einiger Zeit prognostiziert hat er sich nicht weiterentwickelt. Ganz im Gegenteil. Seine Leistung sind auf einem Niveau angekommen, wo man sich ernsthaft Gedanken machen sollte, ihn nicht mehr spielen zu lassen. Das er kein Aufbauspieler ist (und auch nicht mehr werden wird), haben hoffentlich mittlerweile auch die kühnsten Optimisten verstanden. Aber auch auf der Position des Shooting Guards ist er ein Reinfall. Zwar zeigte er in den letzten Wochen einige gute Partien, aber gegen welche Gegner? Bayreuth, Würzburg, Braunschweig und Tübingen zählen (bei allem Respekt diesen Teams gegenüber) eher zum Fallobst der Bundesliga. Kann es der Anspruch Bambergs und auch Gipsons sein, in solchen Spielern gut zu spielen? Da ist es keine Kunst 15 Punkte aufzulegen und sich anschließend feiern zu lassen. Gegen große Mannschaften muss man Leistung bringen, muss man sein Team tragen, muss man die Big Points machen.
Ein Blick auf seine statistischen Werte spricht Bände. Es sind jeweils die Anzahl der Punkte und der Effiktivitätsindex gegen die folgenden Gegner dargestellt:
Oldenburg 14 Punkte / Eff. 9
Artland 4 / 0
München 9 / 2
Ulm 8 / 4
Berlin 7 / 8
Berlin (EL) 2 /-3
Sehen so die Werte eines Spielers aus, der in den wichtigen, den großen Spielen den Unterschied ausmacht? Gegen Teams aus dem Mittelfeld der Tabelle zu glänzen, ist keine Kunst. Aber selbst in solchen Partien versagt er regelmäßig.
Ich habe keine Zweifel, würde er zum Beispiel für Tübingen, Hagen oder MBC spielen, wäre er eine große Nummer und mit Sicherheit nicht nur Topscorer seiner Mannschaft sondern der gesamten Liga.
Aber für die Ansprüche, national und international, die in Bamberg an ihn gestellt werden, ist er nicht gut genugt.

Der nächste Problemfall ist A.J. Ogilvy. Er war mal ein richtig guter Center in seiner Zeit in der Türkei. Das Jahr in Spanien als dritte Wahl auf seiner Position ist ihm nicht gut bekommen. Die Leistenverletzung zu Beginn dieser Saison tat noch ihr übriges, dass er nicht richtig in Tritt kommt. Man wartet nun schon seit einigen Wochen, dass er endlich durchstartet, dass er den Turbo, den Nachbrenner oder was auch immer, zündet. Aber es kommt nichts. Ist er auf dem Feld kann er kaum Akzente setzen, wirkt wie ein Fremdkörper in der Mannschaft.
Er hat einen guten schnellen ersten Schritt am Gegner vorbei Richtung Korb, aber dann ist Schluss mit seinem Können. Ich habe es schon in den Vorbereitungsspielen beobachtet: Er kann am Korb nicht vollstrecken. Immer wieder kommt er dank seiner beschriebenen Schnelligkeit gut zum Brett, nur um dann auch beste Möglichkeiten nicht in zählbares umzusetzen. Man soll keine Vergleiche ziehen, aber ich frage mich dann jedesmal, was hätten Kyle Hines oder Marcus Slaughter daraus gemacht?

Eine weitere Schwachstelle ist die kaum vorhandene Fähigkeit der Aufbauspieler zum Korb zu ziehen. Eine Ausnahme bildet Anton Gavel, aber weder John Goldsberry noch Gipson, Schmidt oder Tadda suchen häufig den Weg zum direkten Abschluss am Brett. Sie verlassen sich zu sehr auf den Wurf von aussen. Darauf kann sich ein Gegner einstellen, wie es Alba Berlin in den beiden Spielen gegen Bamberg perfekt getan hat. Nimmt man Bamberg den Dreier, dann kann man davon ausgehen, dass man sehr gute Chancen auf den Sieg hat. Denn das Centerspiel genießt in den Bamberger Angriffsvariationen nicht gerade Priorität A. Zu häufig verlässt man sich auf den Distanzwurf. Läuft es gut und fällt der Dreier zuverlässig, dann hat man auch in Malaga und Moskau eine Siegchance. Fällt er aber nicht, dann kommen dann halt solche Ergebnis wie die gegen Berlin zustande.

Vielleicht hat man sich aber auch durch die deutlichen Siege in der Bundesliga gegen schwächere Teams etwas blenden lassen und gedacht, man könnte mit Halbgas gegen Alba bestehen. Spiele gegen Berlin sind die Mutter aller Schlachten, da müssen alle Akteure mit Schaum vor dem Mund auflaufen, sich vor Ehrgeiz und Einsatzwillen zerreißen. Ein wenig kam mir die Begegnung wie Not gegen Elend vor. Berlin hatte auch nicht gerade seinen besten Abend erwischt, zum Erfolg gegen schwache Bamberger hat es aber dennoch gereicht. Gratulation dafür an die Berliner.

Ich bin mir fast sicher, am Samstag gegen den MBC wird Bamberg hoch gewinnen, Teddy Gispon 12 und Sharrod Ford 14  Punkte (oder so ähnlich) erzielen, und alle werden wieder das Loblied anstimmen, was für tolle Basketballer die beiden sind. Und alles ist wieder Friede-Freude-Eierkuchen.

Aber Leute, lasst euch nicht blenden, diese Saison kann noch ganz böse enden, wenn nicht an einigen Stellschrauben gedreht wird. Die nächste Bewährungsprobe steht nämlich kurz bevor, in Gestalt des aufstrebenden Bayern München, welcher den Platzhirsch Bamberg im Pokal Anfang Februar herausfordern wird.