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TSK Williams bezwingt Alba Alexis
Basketball-Bundesliga: Unerwarteter Erfolg der Bamberger in letzter Sekunde gegen Berlin

Am Ende war es Glück, aber das Glück des Tüchtigen. Als Fred Williams mit der Schlusssirene einen Dreier aus neun Metern Distanz zum 75:73 versenkte, machte er einen verdienten Sieg für den Außenseiter TSK Bamberg über den deutschen Meister Alba Berlin in der Basketball-Bundesliga perfekt.

von Michael Memmel

Nur 3,6 Sekunden hatte der US-Amerikaner Zeit, um beim dritten Versuch zum einzigen Mal von jenseits der 6,25 Meter zu treffen und aus einer Niederlage einen Erfolg zu machen. Er verwandelte das Bamberg Forum in ein Tollhaus und bewies den 3600 begeisterten Zuschauern: Auch in der neuen Halle sind Basketball-Wunder möglich. Center Chris Ensminger, der sich den Fuß umgeknickt hatte und das Geschehen von der Bank aus beobachtete, erklärt, warum die Überraschung gelang: „Wir waren immer in Führung, und als es eng wurde, gaben wir nie auf. Wir haben konstant gespielt, ohne Hochs und Tiefs."
Der hohe Favorit aus Berlin, der ohne die Nationalspieler Marko Pesic und Mithat Demirel sowie den tschechischen „Turm" Jiri Zidek auskommen musste, bestand lange Zeit nur aus Wendell Alexis, der mit 27 Punkten für über ein Drittel der Alba-Zähler verantwortlich war. Erst nach der Halbzeit entlasteten ihn seine Mitspieler stärker – bis auf Center-Kollege Teoman Öztürk, der einen miserablen Tag erwischt hatte und mit seiner Trefferquote aus dem Feld von indiskutablen 14 Prozent ein Grund für die zweite Niederlage der Hauptstädter in der noch jungen Bundesliga-Saison war.

Das Duell der beiden Derricks auf der Spielmacher-Position entschied der Bamberger Taylor für sich. Der Berliner Phelps hatte das Spiel nicht wie gewohnt im Griff und leistete sich fünf Ballverluste. Taylor hingegen riss seine Mannschaft durch Einsatz mit, auch wenn er übermotiviert einige aussichtlose Aktionen startete. Zwölfmal warf der kleinste TSKler aus der Nah- oder Mitteldistanz, nur dreimal war er damit erfolgreich.

Arigbabu überzeugt
Einen vielversprechenden Einstand feierte der TSK-Neuzugang David Arigbabu, der gleich zur Startformation gehörte und mit acht Rebounds und neun Punkten voll überzeugte. „Das war ein Traumstart für mich. Ich habe nur noch ein paar Probleme, mich auf die Defense einzustellen", sagt der 26-jährige Deutsche.

Das Bamberger Erfolgsrezept war der beständige Druck gegen die Mutapcic-Truppe. Mit einer Press-Verteidigung verhinderten die Domstädter einfache Punkte durch Schnellangriffe und glichen so das leichte Plus der Berliner bei den Rebounds (29:35) wieder aus. Der gebürtige Bamberger Sven Schultze über die Fehler in seinem Berliner Team: „Wir haben einfach nicht die Dinger gemacht, die wir machen mussten. Außerdem waren wir nicht aggressiv genug." Mit elf Zählern und vier Rebounds war der 23-Jährige jedoch eine der Stützen bei den Gästen. Nach einem guten Start des TSK ging der deutsche Meister in der 4. Minute durch Wendell Alexis erstmals in Front (5:6) – es dauerte 31 Minuten bis zur zweiten Führung.

Der Grund: Taylor und Co. legten einen Zwischenspurt ein und zogen auf 15:7 (8.) davon, indem sie ihre Angriffe geduldig ausspielten und den freien Wurf suchten. Am Ende des Viertels betrug der Vorsprung sogar 23:12 – selten hatte Alba Berlin in der Bundesliga so wenig auszurichten wie diesmal zu Beginn in Bamberg. Für die ersten Zähler im zweiten Abschnitt sorgte Andreas Saller. Der 19-jährige Coburger nutzte seine fast 24 Minuten auf dem Feld mit großem Selbstvertrauen, hielt in der Abwehr voll dagegen und steuerte sechs Punkte zum TSK-Erfolg bei. Nun war den Berlinern jedoch anzumerken, dass sie mehr wollten. „Alba hat uns vielleicht ein bisschen unterschätzt", sagt Steffen Hamann, doch damit war es in den zweiten zehn Minuten vorbei. Mit geschickten Anspielen unter den Korb wurden Alexis, Schultze und Rödl in Szene gesetzt, während sich die Bamberger in Einzelaktionen verstrickten. So schmolz der 13-Punkte-Vorsprung auf sieben Zähler. Doch der TSK verkrampfte nicht. Im Gegenteil: Er hielt mit zwei erfolgreichen Korblegern dagegen.

Kapitän Jan Rohdewald, der von Anfang bis Ende auf dem Feld stand, begründet das Selbstvertrauen: „Ich glaube, alle wissen, dass wir eine gute Mannschaft haben. Wir haben kein Problem mit Minderwertigkeits-komplexen, deshalb sind wir ruhig geblieben." Nur gegen Ende der ersten Hälfte ließ die Konzentration nach. Aus einem 30:20 (16.) wurde bis zur Pause ein 32:29, das aber noch hoffen ließ. Die Hoffnung war berechtigt, denn der TSK zog seine Taktik weiter durch, nahm das Tempo aus dem Spiel und übte viel Druck auf die Berliner aus.

Auch von einigen harten Fouls (Rohdewald: "Ich habe schon gedacht, dass ich ein absichtliches Foul gegen mich kriegen könnte, weil ich zwei-, dreimal richtig zu Boden geworfen worden bin, ohne dass jemand nach dem Ball gehen wollte") ließ Zoran "Moka" Slavnic nicht unterkriegen und setzte sich wieder auf 47:37 (24.) ab. Doch wie schon im zweiten Viertel trumpften die Albatrosse am Ende noch einmal auf und verkürzten auf 56:51. Die große Zeit des „Generals" kam im letzten Abschnitt. Mit neun Punkten bewies Derrick Phelps seine Stärke, die sein Team aber schon früher gebraucht hätte. Als Alexis sein Team nach langer Zeit wieder in Führung brachte (60:61, 35.), und der nach dem fünften Foul für Steffen Hamann tobende Slavnic ein technisches Foul gegen die Bamberger Bank verursachte, schien die Partie zu kippen, doch wieder blieb der Außenseiter ruhig.

Dank Öztürks Unsicherheit lag Bamberg in der Schlussminute mit 72:71 vorne, ehe ein ein Korbleger von Alexis die Berliner wieder in Front brachte. Der TSK bekam für seinen letzten Angriff noch 3,6 Sekunden, in denen David Arigbabu beim Einwurf den freien Williams fand, der nach vorne dribbelte und seinen Dreier schoss.

Slavnic: Gott existiert
Nicht nur deshalb wurde der 28-Jährige zum Matchwinner der Bamberger. 20 Punkte, sechs Rebounds, drei Assist und zwei geblockte Würfe verdeutlichen seine Top-Leistung. Trainer Slavnic: "Fred Williams ist sehr wichtig für uns. Mit seinem Dreier am Ende hat er bewiesen, dass Gott existiert."

Quelle: Fränkischer Tag vom 05.11.2001


Und hier noch der Spielbericht des Autors dieser Homepage:
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Wunder gibt es immer wieder... So oder so ähnlich lautet der Titel eines Liedes. Ob der Komponist da an einen Sieg des TSK Bamberg gegen den amtierenden Deutschen Meister Alba Berlin gedacht hat, ist nicht überliefert.
Vor 3.600 restlos begeisterten Zuschauern, die das Bamberger Forum nach der Schlusssirene in ein Tollhaus verwandelten, bot der TSK seine bisher beste Saisonleistung. Ein überragendes erstes Viertel (23:12) sollte der Grundstein für den Erfolg sein. Gleich nach dem ersten Angriff waren die Weichen auf Sieg gestellt: ein Dreier von Derrick Taylor fand den Weg in den Korb der Gäste aus Berlin. Zwar führten die Albatrosse dann noch zweimal, doch dann machte der TSK Bamberg Ernst mit seiner Defensive. Alba wirkte gegen die aggressive und variable  Verteidigung der Bamberger Hausherren plan- und ideenlos und leistete sich zahlreiche Fehlwürfe und Ballverluste. Einzig Wendell Alexis hatten es die Berliner zu verdanken, dass sie zur Halbzeit den Rückstand beim 32:29 für Bamberg auf 3 Punkte verkürzen konnten. Direkt nach der Halbzeit machte der TSK damit weiter, womit man im ersten Viertel Alba Berlin beeindrucken konnte: Defense, Defense und noch mal Defense. Beim 56:46 für den TSK Bamberg glaubten viele Bamberger Fans den Sieg schon sicher zu haben. Doch Alba wäre nicht deutscher Meister, wenn sie sich kampflos ergeben würden. Alba Guard Phelps schien nun aufzuwachen und markierte 7 Punkte in Folge für sein Team. Als nun Rödl und Lütcke auch noch anfingen für Berlin zu treffen, war das Spiel wieder völlig offen. Nun schien es fast, als sollte ausgerechnet TSK Coach Slavnic seine Mannschaft auf die Verliererstrasse bringen. Ein umstrittenes Foul von TSK-Youngster Steffen Hamann (sein 5.Foul) erregte ihn derart, dass er seinen Frust zu lautstark an den Schiedsrichtern ausließ. Selbst von seinem Co-Trainer Bischof war er kaum zu beruhigen. Phelps versenkte 3 von 4 fälligen Freiwürfen im Korb der Bamberger, so war die 65:61 Führung vom TSK schon wieder weg. Die letzten Sekunden des Spiels waren nichts für schwache Nerven. Es war  zu befürchten, dass Kardiologen in Bamberg heute noch viel zu tun bekommen werden. Erst bringt Rödl mit 2 Punkten Berlin in Führung: 70:71 für Berlin. Im Gegenzug wird Rohdewald gefoult, er verwandelt sicher seine beiden Freiwürfe zum Spielstand 72:71 für Bamberg. Nun gelingen Alexis 2 Punkte um Berlin wieder mit 72:73 in Front zu schießen. Die Uhr zeigt noch 3,6 Sekunden verbleibende Spielzeit an. Was nun folgt hat man in Bamberg noch nicht oft gesehen: der Ball kommt über Arigbabu zu Williams, der aus gut 8 Metern aus vollem Lauf hochsteigt und einen Dreier mit Umweg über das Brett im Korb versenkt! Schluss, aus, Jubel, Trubel, heftig herumtanzende TSK Spieler, eilig das Parkett verlassende Berliner. Diese Szenen boten sich den Bamberger Fans, die an dieses Spiel wohl noch lange denken werden. Nach dem Spiel meinte TSK-Coach Slavnic passend: "Unsere Chance war eine gute Defense. Der letzte Wurf war ein Geschenk Gottes". Auch neutrale Beobachter müssen anerkennen, dass der Sieg für den TSK Bamberg unter dem Strich wohl glücklich, aber auch hoch verdient ist. Alba Berlin präsentierte sich über weite Strecken der Partie hilflos gegen die sehr gute Defensive der Bamberger.
Nach so einem Spiel fällt es schwer die Spieler einzeln zu bewerten, doch viele Leser dieser Homepage möchten nicht darauf verzichten... Also, los geht's:
Ensminger: Wegen einer Fußverletzung kam er nicht zum Einsatz.
Taylor (16): Begann mit einem Dreier, traf danach aber nur noch 33% seiner Würfe. Gerade in der Schlussphase unterlief ihm ein Ballverlust und er wollte bei einem Wurfversuch gleich 3 Berliner alt aussehen lassen. Ja okay, wenn nicht Taylor solche Würfe trifft, wer dann? Von der Freiwurflinie aber bei seinen 4 Versuchen fehlerlos.
Hamann (3): Konnte sich heute nicht so sehr in Szene setzen wie in den letzten Heimspielen. In seinen 10 Einsatzminuten machte er jedoch keine Fehler, aber auch 5 Fouls. Musste heute seinen Stammplatz zugunsten der Routine eines Taylor räumen.
Karadzic (8): Als Punktelieferant nicht so sehr in Erscheinung getreten, dafür war seine Abwehr wieder einmal vorzüglich. Ließ seinen Gegenspielern wenig Raum zur Entfaltung. Konnte aber auch mit 4 Assist glänzen. Bewies heute aufsteigende Form.
Rohdewald (13): Hielt sich heute mit Dreierversuchen deutlich zurück. Zielte nur 4 mal aus mehr als 6,25 Metern auf den Korb der Berliner, traf dafür aber auch 2 Dreier. Ansonsten mit seinen Würfen teilweise glücklos, machte dafür in der Abwehr wieder alles wett.
Williams (20): Fred Williams, du bist ein Basketball-Gott! Schon zum zweiten Mal rettet er buchstäblich in letzter Sekunde dem TSK den Sieg. Tat es gegen Gießen noch ein Zweier aus einem Meter Entfernung, musste es nun ein Wahnsinns-Dreier von "Downtown" aus gut 8 Metern sein. Will er es allen Kritikern endlich beweisen, oder macht ihn Coach Slavnic besser? Wir wissen es nicht, wenn er aber weiterhin so gut spielt, dann werde auch ich noch Williams-Fan. Wahrscheinlich träumt Berlins Alexis heute Nacht noch von ihm. Williams spielte ihn in der 2.Halbzeit teilweise schwindelig und ließ Alexis bei einigen Eins-gegen-Eins Situationen ziemlich alt aussehen.
Anderson (0): Hhm, wie soll man seine Leistung beurteilen? Unauffällig wäre der passende Ausdruck. Coach Slavnic muss sich wohl etwas dabei gedacht haben, ihm nur 4 Minuten Spielzeit zu geben.
Saller (6): Der Ausfall von Chris Ensminger war seine große Chance, welche er bravourös nutzte. 24 Minuten auf dem Feld, 6 Punkte, 2 Rebounds, aber auch 5 Fouls waren seine Ausbeute an diesem denkwürdigen Tag. Er erzielte nicht nur Punkte unter dem Korb, sondern auch aus der Distanz. In einigen Situationen merkte man ihm  aber seine Unerfahrenheit an.
Arigbabu (9): Der Neuzugang im Dress des TSK Bamberg konnte sich nicht besser präsentieren. 8 Rebounds, 9 Punkte bei 66% Wurfquote, aggressive Defensive, genau das haben sich alle von ihm versprochen. Zusammen mit Ensminger, Williams und Saller stehen dem TSK nun 4 gute lange Kerle zur Verfügung.
Schiedsrichter: Pfiffen ein paar Mal nicht so, wie es sich die Spieler beider Mannschaften wünschten. Auch beim 5.Foul gegen Steffen Hamann, welches letztlich ein technisches Foul gegen die Bamberger Bank zum Resultat hatte, lagen sie falsch. Aber Schwamm drüber, der TSK hat gewonnen und nur das zählt!


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