Archiv für den Monat: Oktober 2010

Manchmal werden Träume wahr

Bamberg schlägt Olympiakos Piräus. Freunde des Basketballs, kreuzt euch den 27. Oktober 2010 rot an, denn dieser Tag geht in die Geschichte des Bamberger Basketballs ein. Wir werden noch in 10 Jahren über diesen denkwürdigen Abend reden. Wenn wir in die Vergangenheit blicken – vor allem die, die schon länger Basketball sehen – welche Spiele fallen uns als besonders erinnernswert ein? Der last-second Erfolge gegen Hagen Ende der 80er (Buzzerbeater durch Ken Sweet) und Berlin 2001 (Dreier von Fred Williams fast von der Mittellinie), der Pokalsieg 1991 oder der Sieg gegen Benetton Treviso 2005?

Jedenfalls sind es sicher nur eine Handvoll Erinnerungen an Basketballspiele die jeder in uns trägt. Seit Mittwochabend muss diese Reihe ergänzt werden. Mit Superlativen sollte man vorsichtig umgehen, doch der 73:61 Erfolg gegen die europäische Spitzennmannschaft aus Piräus ist schlicht eine Sensation. Um das Ganze richtig einzuschätzen: Es ist so, als wenn die Spvgg Stegaurach im DFB-Pokal gegen Bayern München gewänne.

Natürlich haben die Superstars aus Griechenland Bamberg unterschätzt, sie dachten wohl nach dem klaren Erfolg vor Wochenfrist gegen Real Madrid, gegen Bamberg nur mit halber Kraft spielen zu können. Die Franken hatten keine Chance, nutzen diese aber eiskalt aus. Leidenschaft, Einsatzwille und Herzblut – diese Eigenschaften zeigten die Franken am Mittwochabend und wenn dann auch noch spielerisch überzeugt wird, hat es eben auch eine Multi-Millionen Truppe schwer in der Frankenhölle zu bestehen. Bamberg zeigte eine geschlossene Mannschaftsleistung, alle Akteure zeigten viel Willen und Einsatz. Dirk Bauermann prägte einmal den Ausdruck „mit Schaum vor dem Mund spielen“. Dies umschreibt treffend den Zustand der Bamberger – sie wollten den Sieg einfach mehr als der Gegner.

Folgend die total subjektive Einzelkritik der Bamberger Spieler:

Goldberry (3 Punkte): Gut, dass er aus seiner Verletzung zurück ist. Schneller als erwartet gab John Goldsberry sein Comeback. Er gibt dem Aufbau eine ganz andere Qualität, Roberts und Gavel können auf die Position 2 und sind von der Last der Spielgestaltung befreit.

Terry (9): Momentan besser als Suput. Seine Athletik versetzt ihn in die Lage Dinge zu tun, die selbst die Gegner selten sehen. Er hat eigentlich das gesamte Pakte drauf. Die größte Gefahr strahlt er aber aus, wenn er dynamisch zum Korb zieht. Dann hat er dank seiner Größe die Optionen mit Dunking oder Leger abzuschließen oder aus der Mitteldistanz zu werfen. Einzig sein Dreier fällt zu Zeit nicht.

Suput (4): Körperlich nach seiner Knöchelverletzung noch nicht wieder der alte. Und gerade gegen Topgegner treten physische Defezite deutlich zu Tage.

Tadda (0): Kam nur zu einem Kurzeinsatz, überzeugte aber gewohnt als Terrier, der dem gegnerischen Aufbauspieler auf die Nerven ging.

Pleiss (2): Lehrstunde. So kurz und knapp kann man seine Leistung überschreiben. Wenn er immer noch von der NBA träumen sollte (was er aber wahrscheinlich nicht erst seit Mittwoch Abend sowieso nicht mehr macht), kam gegen Piräus das Erwachen. Basketball unter den Körben ist Männersport, besonders wenn dort Kerle wie Bourousis oder Nesterovic stehen. Tibor Pleiss hat gute Ansätze, doch körperlich ist er Meilen weit entfernt von dem, was richtig gute Center der europäischen Spitzenklasse auf das Parkett bringen.

Roberts (23): Was hat er denn zum Frühstück gehabt? Wie er mit einer Kaltschnäuzigkeit seine Körbe erzielte, war schon sehr beeindruckend. Es gibt so Abende, da klappt einfach alles. Man ist „in the zone“, kann gar nicht daneben werfen. So kam es mir bei Brian Roberts vor. Bei fast jedem seiner Würfe war ich mir sicher, er trifft. Auch defensiv wusste er zu überzeugen.

Jacobsen (10): Roberts hat zwar mehr Punkte erzielt, war offensiv der dominante Akteur, doch Casey Jacobsen liefert zum wiederholten Male eine famose Vorstellung ab. 10 Punkte, 6 Rebounds, 2 Assist und 3 Steals standen am Ende für ihn auf dem Scoutingbogen. Viel wichtiger war aber sein Einsatzwille, sein rackern und kämpfen und seine vorbildliche Leistungsbereitschaft. Alles Sachen die nie auf einem Statistikblatt auftauchen, aber fast wichtiger für den Teamerfolg sind als Korberfolge.

Gavel (11): Auch er zeigte eine tadellose Leistung. Bewies nicht zum ersten Male, dass er auch auf europäischen Niveau in der Lage ist, Spielen seinen Stempel aufzudrücken. Hielt vor allem im ersten Viertel sein Team mit 7 Zählern im Spiel.

Hines (14): In der Bundesliga nicht immer ohne Fehl und Tadel, bewies er seine Euroleaguetauglichkeit bereits schon zum zweiten Mal. Nach der Partie in Rom überzeugte er auch gegen Piräus. Eine Leistung die ich ihm so nicht zugetraut hätte. Auch gegen wesentlich größe Gegenspieler versteht er sich durchzusetzen.

Positive Überheblichkeit

Manchmal darf man einfach mal ein bischen Glück haben. Die bessere Mannschaft war am Samstagabend nicht Bamberg, nein, dies waren über das gesamte Spiel betrachtet die Gäste aus Artland. Aber ein Basketballspiel dauert bekanntlich nicht nur 35, sondern 40 Minuten. Und bei diesem Spiel mit 10 Akteuren, 1 Ball und 2 Körben kann man es sich durchaus leisten mehr als drei Viertel lang zweistellig zurückzuliegen und am Ende doch noch zu gewinnen. Man muss halt nur rechtzeitig den Hebel umlegen, die Intensität und Trefferquote steigern und ganz am Schluss die Glücksgöttin zwingen auf seiner Seite zu sein.

Schön spielen die Bamberger Basketballer zur Zeit selten, aber erfolgreich. Wenn man einmal den Auftritt unter der Woche in Rom in der Euroleague absieht. Die Bilanz in der Bundesliga ist lupenrein weiß: 6 Spiele, 6 Siege. Um etwas Wasser in den Wein zu gießen: die Bilanz könnte auch 3:3 stehen, denn gegen Frankfurt, in Braunschweig und jetzt gegen Artland hätten die Partien auch ganz anderes, nämlich zu Gunsten der Gegner, ausgehen können. Wie an dieser Stelle vor einigen Tagen schon zu lesen war: das diese Begegnungen eben nicht verloren wurden, ist die ganz besondere Qualität die Bamberg zur Zeit ausmacht. Die Spieler scheinen ein enormes Selbstbewusstsein zu haben, die Überzeugung gar nicht verlieren zu können – auch wenn es enge Spiele sind – ist groß.

Fast kommt es mir vor, die Mannschaft hat die Überzeugung, der Gegner kann sie sowieso nicht schlagen, egal wie weit er in Führung liegt. Wird halt die letzten 10 Minuten richtig Gas gegeben, zum Sieg wird es schon langen. Sollte diese Einstellung vorhanden sein, dann ist es ein gefährliches Spiel, was da betrieben wird. Irgendwann kann dieser Schuss auch ganz fürchterlich nach hinten losgehen. Möchte jetzt auch gar nicht zuviel herumkritisieren, berauschen wir uns an der alleinigen Tabellenführung und hoffen, dass diese noch lange anhält.

Apropos berauschen: am Mittwoch gibt die Übermannschaft Olympiacos Piräus in Bamberg ihre Visitenkarte ab. Die Griechen sind mit Superstars nur so bestückt und das Gastspiel im Rahmen der Euroleague lässt jeden Basketballfan mit der Zunge schnalzen.  Papaloukas, Nesterovic, Spanoulis, Keselj, Nielsen, Teodosic und Halperin sind alles Namen, die viele Zuschauer begeistern lassen. Ich werde mich in meinen Sitz ganz entspannt zurücklehnen und dieses Spiel genießen. Nur ein Narr wird einen Bamberger Erfolg erwarten, dazu sind die Gäste einfach zu stark besetzt. Die einzige Möglichkeit auf einen fränkischen Sieg wäre, wenn die Spieler aus Piräus bei einem der vielen Bockbieranstiche die zur Zeit stattfinden zu tief in die Biergläser schauen. Aber davon sollten die Bamberger Fans besser nicht ausgehen.

Jammern auf hohem Niveau

5 Spiele, 5 Siege, besser geht es nicht. Die Bamberger Basketballer ließen sich auch am Wochenende in Braunschweig nicht stoppen und bauten ihre Siegesserie weiter aus. Nicht alle bisherigen Erfolge waren glanzvoll und möchte man unbedingt das Haar in der Suppe finden und herumkritisieren, dann daran: Den Gegner aus der Halle fegen schaut anders aus.

Andererseits springt ein Pferd auch nur so hoch, wie es unbedingt braucht. Und die Messlatte ist einfach nur der nackte Sieg, wie hoch und ob er mit spielerischer Eleganz erzielt wurde, ist völlig egal. Zu Beginn der neuen Spielzeit geht es nur darum gut aus den Startlöchern zu kommen, den Rhythmus zu finden und zu siegen. Und dies scheint den Bambergern gut gelungen.

Die Mannschaft präsentiert sich homogen, die Neuzugänge und jungen Akteure fügten sich bisher prächtig ein. Über die ein oder andere individuelle Leistung von Terry und Hines kann man streiten, insgesamt bin ich aber mit ihnen zufrieden. Das Team weiß wie man gewinnt und was man dafür tun muss. Noch vor Jahresfrist wären solche Partien wie gegen Frankfurt oder in Braunschweig sicher noch verloren gegangen. Gerade in der Schlussphase ist man hellwach, konzentriert und fit, auch ein Verdienst des neuen Athletiktrainers. 5 Siege auf der Habenseite, die kann uns keiner mehr nehmen.

Das Gefühl des Verlierens haben die Bamberger in dieser Saison noch nicht kennengelernt, am Mittwoch im Rom beim ersten Spiel der Euroleague könnte es aber eng werden mit dem Ausbau der Siegesserie. Möchte man aber am Erreichen der nächsten Runde schnuppern, dann sind Erfolge gegen Rom und Charleroi schon fast Pflicht.

Fällt Goldsberry länger aus?

John Goldsberry ist schon vom Verletzungspech verfolgt. Erst quält ihn eine langwierige Knierverletzung, dann knickt er um (fast genau vor Jahresfrist) und nun landet er auf einem Ulmer Fuß und reiß sich erneut ein Außenband im Knöchel. Die Verletzung soll aber weitaus schlimmer sein als zuerst angenommen. Neben den Bändern soll auch die Kapsel im Fuß in Mitleidenschaft gezogen sein, was die Heilungsdauer gleich mal  bis Dezember verdoppelt.

Angesichts des Programms mit Bundesliga und Euroleague ist ein Ausfall Goldsberry ein herber Schlag. Wie vor einem Jahr könnten sich die Verantwortlichen bereits nach einem Ersatz umsehen. So einen Glücksgriff wie Anton Gavel erwarte ich nicht, aber ein reiner Spielmacher als Backup würde Sinn machen, auch weil Brian Roberts diese Rolle nicht immer zur vollsten Zufriedenheit ausfüllte.

Kurzfristig bei den zwei Partien am Wochenenden (am Freitag in Hagen und am Sonntag daheim gegen Bremerhaven)  ist mit einem Einsatz von Maurice Stuckey zu rechnen. Und auch Karsten Tadda sollte mehr Spielzeit erhalten.

Gute Nachrichten dagegen von Peja Suput, der nach eigener Aussage fit ist und auch zum Einsatz kommen wird. Ihn wird Bamberg auch dringend brauchen gegen die Hagener, die für dieses Spiel in die Dortmunder Westfalenhalle umziehen und sicher den erwarteten 6000 Zuschauern etwas bieten wollen.

Aller Anfang ist schwer

Einen glanzlosen 70:59 Sieg gegen Ulm fuhren die Bamberger Basketballer am ersten Spieltag der neuen Saison ein. Schwerer als gedacht war die Aufgabe gegen die Schwaben, die lange Zeit gut mithielten. Bamberg machte sich aber auch das Leben mit einer miserablen Dreierquote selbst schwer. Einzig Anton Gavel mit 3 Dreiern schien sich auf die neue, um einen halben Meter verlängerte Distanz, gut eingestellt zu haben.

Das verletzungsbedingte Fehlen von Peja Suput machte sich bemerkbar. In Korbnähe taten sich die Bamberg über weite Phasen sehr schwer. Etwas Glanz in die Hütte brachten die Neuzugänge Reyshawn Terry und Kyle Hines, die in der Offensive sich oftmals unter dem Korb gut durchsetzen. Was schon in der Vorbereitungsspielen deutlich wurde: Beide Akteure sind nicht nur sehr athletisch, sondern bringen auch den Willen mit Abwehr zu spielen. Dies war in der Vergangenheit bei gewissen Spielern nicht immer so.

Offensive lief, wie schon erwähnt, nicht alles rund. Im ersten Saisonspiel zählt nur das Ergebnis und da kann Bamberg nach dem Erfolg gegen Ulm die ersten Zähler verbuchen. Probleme sehe ich aber, bei aller Euphorie über die teils spektakuläre Spielweise Terrys und Hines‘, wenn beide großen, kantigen Centern gegenüberstehen. In Ansätzen war dies schon am Sonntag zu sehen. Die Ulmer Sonderleitner und Bryant scheinen nicht gerade Filigantechniker zu sein, setzen sich aber besonders gegen Hines einige Male durch. Da wird Kyle Hines, trotz der großen Spannweite und Sprungstärke, in Zukunft noch öfters das Nachsehen haben. Vor allem, wenn es gegen noch bessere Spieler geht. Positiv zu erwähnen ist aber die enorme Beweglichkeit der beiden Neuzugänge unter dem gegnerischen Korb. Da werden sicherlich noch einige Mannschaften ganz schwer das Nachsehen haben.