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Taylors Bogenlampe bringt Sieg
BASKETBALL: Bamberg holt in der Europaliga 19-Punkte-Rückstand auf

Das wohl kurioseste Spiel dieser Basketball-Saison sahen die 4000 Fans gestern Abend im Bamberger Forum: In der FIBA Europe League machte GHP Bamberg trotz 28-prozentiger Trefferquote einen 19-Punkte-Rückstand gegen Honka Espoo noch wett und verteidigte mit dem 70:68 (24:37) in letzter Sekunde den zweiten Platz.
von Klaus Groh

Das hatten sich die Hausherren offensichtlich ganz anders vorgestellt: Mit einer zu laschen Einstellung bauten sie die Finnen auf, die bisher erst ein Spiel gewonnen hatten. Doch es spricht andererseits für die tolle Moral der GHP-Truppe, dass sie einen fast aussichtslosen Rückstand noch wettmachte und am Ende mit viel Glück und dank ihrer Erfahrung doch noch als Sieger vom Feld ging. Alles andere als einen Basketball-Leckerbissen boten die Bamberger ihren Fans in der ersten Halbzeit. Konnten die Hausherren dank einer 12:0-Serie im ersten Viertel den anfänglichen 14:7-Vorsprung der Finnen noch in eine 19:14Führung verwandeln und schließlich mit 19:16 den ersten Abschnitt beenden, lief nach der ersten kurzen Pause überhaupt nichts mehr. Ganze fünf Punkte gelangen den GHPlern in den zweiten zehn Minuten. Selbst freie Würfe fanden nicht den Weg in den Korb: 34 Versuchen aus dem Feld standen zur Pause ganze sieben Treffer gegenüber (Wurfquote 21 Prozent). Aber auch in der Abwehr stimmte es nicht bei den Gastgebern, so dass die Gäste, bei denen acht Spieler zu Punkten kamen, vor allem dank ihrer guten Dreierquote (7 Treffer, 58 Prozent) bis zum Seitenwechsel eine komfortable 37:24-Führung herausspielten. Bei den Bambergern sorgten lediglich Jason Sasser (9 Punkte) und Uvis Helmanis (6) für Zählbares, ansonsten schossen die zuletzt gegen Ludwigsburg noch so überzeugenden "Bauermänner" die Lichter aus. In den letzten vier Minuten bedankten sich die Playboys für die Bamberger Harmlosigkeit und zogen mit einer 11:0-Serie deutlich davon. Die zweite Hälfte begann gleich mit dem vierten Foul von Steffen Hamann. Nach einem Schrittfehler gegen Chris Ensminger kritisierte GHP 

Coach Dirk Bauermann lautstark die Schiedsrichter, kassierte zunächst ein Technisches Foul und wurde dann auch noch von den Unparteiischen aus Ungarn und Belgien disqualifiziert. Der Ex-Ludwigsburger Lehtonen nutzte drei der vier Freiwürfe und den folgenden Einwurf versenkte Huff auch noch von jenseits der Drei-Punkte-Linie. Mit 45:26 hatten sich die Gäste so bis zur 23. Minute abgesetzt. Jetzt stand Volker Stix als Trainer an der Seitenlinie in der Verantwortung Die Halle kochte und feuerte das GHP-Team frenetisch an. Und nun zeigte auch Honka Espoo in dieser hitzigen Atmosphäre Nerven und leistete sich unnötige Fouls. Steffen Hamann brachte seine Mannschaft in der 28. Min. auf 43:55 heran, kassierte im Gegenzug jedoch in der Offensive sein fünftes Foul. Doch die Bamberger ließen sich in ihrer Aufholjagd - vor allem Sasser ergriff die Initiative - nicht beirren und verkürzten vor den letzten zehn Minuten den Rückstand auf zehn Punkte.
Jetzt packte auch Rick Stafford sein bekanntes Kämpferherz aus und war maßgeblich daran beteiligt, dass Gäste Coach Pavicevic gut sechs Minuten vor dem Ende beim Stand von nur noch 58:55 für seine Mannschaft zu einer Auszeit gezwungen war. Und die zeigte Wirkung, denn der finnische Meister setzte sich schnell wieder auf 64:55 (36.) ab. War's das für die Hausherren? Mitnichten: Mit aggressiver Verteidigung kämpfte sich der Gastgeber noch einmal zurück und kam durch einen Sasser-Dreier und viele Freiwürfe bis 1:38 Minuten vor dem Ende auf 65:66 heran. Stafford sorgte per Dreier für die 68:67-Führung. Doch 19 Sekunden vor dem Ende hatte Markus Hemdahl für Espoo zwei Freiwürfe und traf den zweiten zum 68:68-Ausgleich. Den letzten Angriff schloss - wie konnte es anders sein - Kapitän Derrick Taylor ab: Und der 40-Jährige stellte mit seiner unnachahmlichen Bogenlampe den Sieg sicher. Wie kurios die Partie war, zeigt die Tatsache, dass Taylor zuvor neun Fahrkarten geschossen hatte. 

Quelle: Fränkischer Tag vom 15.01.2004


Und hier noch der Spielbericht des Autors dieser Homepage:
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Schlecht gespielt und doch gewonnen! Wie man ein Spiel trotz einer miserablen Trefferquote von nur 28% gewinnen kann, ist auch einen Tag nach dem 70:68 Sieg von GHP Bamberg über die Honka Playboys aus Finnland noch kaum zu glauben. Bamberg traf im gesamten Spiel lediglich 17 Würfe aus dem Feld. Die Gäste zwar mit 22 Treffern auch nicht viel besser, zum knappen Erfolg hat es aber doch gelangt.
Im Vorfeld der Partie wurde von den Bamberger Fans nur noch über die Höhe des Sieges geredet. Offenbar nahmen auch die GHP-Spieler ihren Gegner nicht ganz Ernst, nur so ist die Leistung der Heimmannschaft mehr als eine Halbzeit lang zu erklären. Honka war keineswegs überragend, nutzte aber die Nachlässigkeiten von GHP Bamberg gnadenlos aus. Zu wenig Einsatzbereitschaft in Abwehr und Angriff, Unkonzentriertheiten beim Spielaufbau und kein mannschaftlich geschlossenes Auftreten wird halt auch von einem Tabellenletzten eiskalt ausgenutzt und bestraft. Dazu kam, dass die Playboys ihre Distanzwürfe trafen und mit einer kompromisslosen Abwehr die vermeintlichen Bamberger Stärken unter den Körben mit Ensminger, Nahar und Helmanis aus dem Spiel nahmen. Völlig verdient ging der finnische Gast mit einer 13 Punkte Führung (39:26) in die Halbzeit.
Auch im dritten Viertel änderte sich zunächst nichts. Bis dann GHP-Coach Dirk Bauermann seine großen Auftritt hatte. Über vermeintliche Fehlentscheidungen der beiden Schiedsrichter regte er sich so auf, dass er auf die Tribüne verbannt wurde. Dies war die Initialzündung für sein Team und die Fans auf den Rängen. Nicht nur, dass es auf der Tribüne zu einem Handgemenge zwischen zwei Herren im gesetzteren Alter und benachbarten Zuschauern kam, weil alle bis auf die beiden nun stehend ihr Team anfeuerten. Nein, auch die Gangart auf dem Parkett im Forum wurde nun härter. Bamberg sorgte von nun an mit einer intensiveren Defensive dafür, dass bei Honka nun nicht mehr viel zusammenlief. GHP kämpfte jetzt endlich um jeden Ball und Rebound und gab sich nicht geschlagen. Punkt um Punkt wurde vom Vorsprung der Finnen abgeknabbert und mit Beginn des letzten Viertels bestand bei einem 10 Punkte Rückstand (45:55) wieder Hoffnung auf einen Heimerfolg.
Die abschließenden 10 Spielminuten waren an Dramatik kaum zu überbieten. Bamberg holte weiter auf und Rick Stafford eroberte eine Minute vor Schluss mit einem Dreier zum 68:67 die Führung für GHP zurück. Im Gegenzug traf Honka nur einen Freiwurf, so dass die Entscheidung im allerletzten Angriff fallen musste. Derrick Taylor hatte zehn Sekunden vor Ende den Ball und das Spiel in seiner Hand und nahm einen seiner typischen Bogenlampenwürfe in Höhe der Freiwurflinie. Er traf und damit war eines der sensationellsten Comebacks in der Bamberger Basketballgeschichte perfekt, denn 19 Punkte holte der GHP Bamberg auf. Die Begeisterung war kaum noch zu steigern, beinahe wäre das Dach des Forums davongeflogen!
Auch diesmal gibt es die individuelle Einzelkritik:
Ensminger (10 Punkte): Er hatte gegen den „Playboy“ Rich einen schweren Stand. Dieser ließ dem in den vergangen Spielen überragenden Ensminger wenig Platz unter dem Korb. Der US-Boy im GHP-Dress verlegte die Würfe, die er in den letzten Spielen noch traf.
Taylor (7): Er wird wohl lange zurück denken müssen um eine Trefferquote von 10% in seiner Karriere zu finden. Der Sieg bringende Wurf war für ihn der einzige erfolgreiche Wurf aus dem Feld im gesamten Spiel. Auch im Aufbau gab er dem Spiel nicht die erforderliche Ruhe und hatte die Fäden zu selten in der Hand.
Hamann (4): Auch er hat schon bessere Leistungen gezeigt. Er sorgte zwar durch seine aggressive Abwehr für einige Ballverluste der Finnen, aber in der Offensive hatte auch er einen rabenschwarzen Tag. Zudem wurde er mit zwei Offensivfouls belegt, die ihm offensichtlich den Zahn zogen.
Stafford (18): Er und Jason Sasser waren im abschließenden Viertel die Garanten für den Sieg. Er zog viel zum Korb und provozierte damit Fouls von Honka. Sein Dreier kurz vor dem Ende holte die Führung zurück. Auch seine Abwehr verdient wieder höchste Anerkennung.
Helmanis (6): Er war als einer der wenigen noch nahe dran an seiner Normalform. In der Abwehr lautete wie immer sein Motto: „es werden keine Gefangenen gemacht“. Lag ein Gästespieler am Boden, war nicht selten er die Ursache. Aber solche Spielertypen braucht man als erfolgreiches Team, denn irgendeiner muss ja die „Drecksarbeit“ erledigen. Ich kann es nicht verheimlichen, ich oute mich jetzt: er ist einer meiner Lieblingsspieler
Zapf (0): Er war nur wenige Sekunden im Einsatz.
Nahar (0): Auch er hatte kein Wurfglück, denn alle seine vier Versuche gingen nicht in den Korb. Ansonsten blieb er unauffällig und wurde in der zweiten Halbzeit dann fast gar nicht mehr eingesetzt.
Kullamäe (0): Er scheint im Moment der größte Problemfall bei GHP Bamberg zu sein. Schon seit einigen Spielen läuft er seiner Normalform hinterher. Selbst frei Würfe, die er sonst, würde man ihn Nachts um halb drei wecken mit verbunden Augen träfe, gingen daneben. Wenn er schon in die Zone zieht, dann sollte er auch versuchen den Abschluss zu suchen. Und nicht mit riskanten Pässen quer über die Abwehr probieren einen besser postierten Teamkollegen anzuspielen.
Zdravkovic (0): Wie auch Zapf durfte er nur Sekunden mitspielen.
Sasser (25): Seine Punkte hielten GHP Bamberg im Spiel und brachten letztendlich auch den Sieg. Seit Beginn der Saison spielt er auf der Position 3 und kommt damit nicht mehr so oft in Korbnähe wie noch in der vergangen Spielzeit. Darunter leidet nicht nur seine Rebound-, sondern auch seine Trefferquote. Er muss mehr aus der Distanz werfen und wenn er einen schlechten Tag erwischt, dann hat auch die Mannschaft Probleme. Zum Glück war es aber gestern nicht der Fall und er wurde verdient nach der Partie zum „Most valuable Player (MVP)“ gewählt.


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